Rund um Echternach:

Sagen, Märchen, Legenden und Geschichten

(Quelle: http://www.zeno.org - Zenodot Verlagsgesellschaft mbH)


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Der Werwolfschäfer zu Rosport

In früheren Zeiten wohnte zu Rosport ein Schäfer, der sich vermittelst eines Gürtels in einen Werwolf verwandeln konnte. Den Bauern waren oft Schafe verschwunden, ohne daß sie recht finden konnten, woher das kommen möchte. Einst hatte er seine Pferche in der sogenannten »Urbelswies« aufgeschlagen. Neben ihm hielt ein Jüngling aus Rosport mit zwei Pferden und einem Füllen auf der Weide. Als es Nacht geworden war, hüllte sich der Jüngling in seine Decke ein und fing an zu schlafen. Der Schäfer, der den Knaben in tiefem Schlafe wähnte, nahm seinen Gürtel, legte ihn um die Lenden und verwandelte sich in einen Werwolf. Darauf fiel er über das Füllen her, zerriß es und fraß es ganz auf. Bei dem ängstlichen Gewieher und Getrappel der Pferde war inzwischen der Jüngling erwacht und sah, wie der Wolf die letzten Stücke des Füllens auffraß und sich dann wieder in einen Menschen verwandelte. Es gruselte dem Jüngling, aber er war klug genug zu schweigen, weil die Nacht noch nicht vorüber war. Als die Sonne aufgegangen war, kam der Schäfer zum Jüngling, grüßte ihn und fing an, mit ihm ganz vertraut zu reden. Dabei stieß ihm das Essen mehrere Mal im Magen auf. Da sagte der Jüngling: »Wenn ich ein Füllen im Leibe hätte wie du, müßte ich auch ›repsen‹.« Der Schäfer sah sich verraten und sprach voll Zorn: »Hätte ich das vor Sonnenaufgang gewußt, so wäre es dir ergangen wie dem Füllen.« Zu Hause angekommen, erzählte der Jüngling, was vorgefallen war. Die Bauern merkten nun, wie es zugegangen, daß ihnen soviele Schafe abhanden gekommen. Sie bemächtigten sich des Schäfers, führten ihn vor den Richter und peitschten ihn dreimal nackend um den Galgen herum. Darauf wurde er mit Frau und Kind des Landes verwiesen.

Quelle: Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 401-402.
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